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Margit Tscholl: „Es ist immer schwierig Beruf, Familie, Betrieb und andere Funktionen unter einen Hut zu bringen“

Margit Tscholl ist Mitglied im Verwaltungsrat und Obmann-Stellvertreterin der Raiffeisenkasse Laas. Was sie dazu veranlasst hat, als erste Frau im Gremium der Raiffeisenkasse mitzuarbeiten, beschreibt sie im Interview.

Wie sind Sie dazu gekommen bei der Raiffeisenkasse Laas als Obmann-Stellvertreterin und Verwaltungsrätin mitzuarbeiten?

Ich bin nun das sechste Jahr im Gremium der Raiffeisenkasse Laas. Zuerst war ich im Aufsichtsrat und seit den Neuwahlen in diesem Jahr bin ich im Verwaltungsrat und Obmann-Stellvertreterin. Der damalige Aufsichtsratspräsident hat sich nicht mehr zur Verfügung gestellt und entschieden eine Frau für dieses Gremium zu suchen. Er hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte mitzuarbeiten. Natürlich habe ich Bedenkzeit gebraucht, da ich nicht wusste, was auf mich zukommt und es in diesem Gremium noch keine einzige Frau gab. Dann habe ich mir gesagt, das probiere ich jetzt einfach.

Welche beruflichen Voraussetzungen bringen Sie mit für die Arbeit im Gremium?

Ich habe die Matura der Handelsoberschule in Schlanders abgeschlossen und viele Jahre im Büro des Patronats gearbeitet. Seit Oktober letzten Jahres arbeite ich zu Hause im landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Betriebsinhaberin ich schon seit längerer Zeit bin. Dass ich jetzt im Verwaltungsrat bei der Bank bin, ist für mich ein guter Ausgleich. Ich bin jemand, der immer neue Herausforderungen sucht. Im Gremium versuche ich Dinge, die mir wichtig sind, einzubringen.

Welches war Ihre bisher größte Herausforderung im Leben?

Schwierig…. Ich denke als Frau ist es immer eine Herausforderung Beruf, Familie, Betrieb und auch Funktionen wie Verwaltungsrat, Aufsichtsrat usw. unter einen Hut zu bringen. Das gelingt mir sehr gut. Man muss planen und viel organisieren. Zudem werde ich von meinem Partner unterstützt. Er führt den landwirtschaftlichen Betrieb zu Hause, daher habe ich die Möglichkeit in den Gremien mitzuarbeiten, trotz der beiden Kinder (7 und 12 Jahre).

Wie setzten Sie frauenspezifische Anliegen um?

Gerade wenn es um Personalangelegenheiten oder Themen geht, die Frauen in der Arbeitswelt betreffen, denke ich, fällt unsere Meinung ins Gewicht. Als Frauen kennen wir die Sichtweise von Frauen und wissen, wie es ist als Frau, Mutter und Angestellte alles unter einen Hut zu bringen. Viele Männer denken die weibliche Sichtweise nicht automatisch mit. Daher ist es wichtig, dass sich Frauen in Gremien engagieren.

Was bedeutet Führung für Sie?

In einer Führungsposition ist es wichtig, Ansprechpartnerin für alle zu sein, für die Kollegen und die Angestellten. Auch sollte man Einfühlungsvermögen und Disziplin haben und eine klare Linie vorgeben.

Führen Frauen aus Ihrer Sicht anders als Männer?

Ja, ich glaube schon. Wenn ich speziell an das Beispiel Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf denke. Stichwort: Teilzeitvertrag nach der Geburt eines Kindes. Uns Frauen ist es wichtig, die Angestellte zu halten und ihr die Möglichkeit zu geben Teilzeit zu arbeiten, wissend dass Frauen auch in Teilzeit viel leisten können und mit ihrer Erfahrung einen wichtigen Beitrag für den Betrieb leisten und wir wissen auch, dass es eine extreme Herausforderung ist, in Vollzeit Familie und Beruf zu vereinbaren.

Was bedeutet Macht für Sie?

Wenn man Macht hat, dann kann man viele Dinge bewegen, sowohl im positiven aber auch im negativen. Allerdings sollte man, wenn man Macht hat, den Boden unter den Füßen nicht verlieren. Das ist meine Meinung.

Gibt es bestimmte Bereiche im Leben, wo Frauen noch zu wenig präsent sind?

Ja. Wenn es die Pflichtquote in bestimmten Bereichen nicht gäbe, dann wären Frauen noch weniger präsent. Ich erinnere mich an meine Zeit, als ich im Gemeinderat tätig war oder an die Zeit, als ich bei der Bank noch als einzige Frau in diesem Gremium war. Mittlerweile sind wir zu zweit in diesem Gremium. Die Sichtweise von Frauen ist jedoch sehr wichtig für alle Organisationen und Genossenschaften.

Warum stellen sich Frauen aus Ihrer Sicht nicht auf?

Ich denke viele Frauen trauen sich nicht. Sie müssen auch motiviert werden. Für viele Frauen ist es schwierig, ohne Unterstützung von zu Hause in Gremien mitzuarbeiten. Zwischen Arbeit und Familie haben sie oft wirklich keine Zeit mehr, solche Funktionen zu übernehmen. Allerdings ist es auch so, dass sich viele Frauen das gar nicht zutrauen. Dabei kann ich mich als Frau auch ohne die besten Voraussetzungen der Herausforderung stellen und mich in die Sache hineinknien, wenn ich bereit bin Dinge dazuzulernen und Zeit in die neue Funktion zu investieren.

Was würden Sie Frauen raten, die vor der Entscheidung stehen im Gremium mitzuarbeiten?

Dass es ein Versuch auf alle Fälle wert ist. Mir ist die Entscheidung auch nicht leichtgefallen. Ich habe es einfach versucht, ohne zu wissen, was auf mich zukommt. Zunächst eine Legislatur lang, da habe ich mir alles ein bisschen angeschaut und gedacht: Wenn ich das Gefühl habe, das ist nicht meines oder es ist schwierig alles zu vereinbaren, dann stelle ich mich bei den nächsten Wahlen einfach nicht mehr zur Verfügung. Die Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut: es gefällt mir sehr, es ist interessant und ich kann Fortbildungen machen, lerne viele neue Menschen und Dinge kennen. Es ist eine persönliche Bereicherung, wenn man als Frau in Gremien mitarbeitet. Wir im Speziellen haben ein sehr gutes Arbeitsklima, sowohl im Aufsichtsrat als auch im Verwaltungsrat. Auch zu den Angestellten der Bank ist das Verhältnis gut.

Haben Sie das Gefühl, dass sich die Situation für Frauen in der Führung von Genossenschaften ändert?

Ich glaube schon. Auch in unserem Gremium sind wir inzwischen zu zweit und ich denke auch sonst im Umfeld kommen immer mehr Frauen nach. Meinungen und Ideen sollen Platz haben, egal ob sie von einem Mann oder einer Frau stammen. Bei uns im Gremium ziehen alle an einem Strang und respektieren sich gegenseitig. Das ist das Um- und Auf.

Wo finden Sie Ausgleich zur Arbeit?

In der Musik. Ich bin Mitglied in der Musikkapelle und spiele Querflöte und Piccoloflöte. Das ist ein großer Ausgleich für mich und natürlich auch Sport, Radfahren oder einfach in der Natur sein.

Folgen Sie einem Lebensmotto?

Nein eigentlich nicht. Ich gehe jedem Tag positiv entgegen und genieße ihn, so wie er ist und versuche das Beste daraus zu machen.

Vielen Dank für das Gespräch!